Das erste Mal …

Nein, nichts mit Sex, vielmehr eine Jungfernfahrt mit unserem neuen Wohnmobil (mit Fahrradständer hinten ca. acht Meter lang, 3,30 Meter hoch, 2,80 m breit, 4,4 Tonnen).

Spaß am Autofahren sollte man haben – den hatte und habe ich, auch dank der Ausbildung als Soldat bei einem Transportbataillon 1962 bis 1964, Abgang mit Lkw-Führerschein für alle Klassen. Gudrun bezeichnete mich mit leichter Ironie als „genialen“ Fahrer, „hat er doch ausnahmsweise nur zwei- bis dreimal Randsteine mitgenommen“.

Eigentlich war unser Fahrtziel die Bretagne (Mont-Saint-Michel, Côte de Granit Rose, Küste der roten Felsen u.a.) gewesen. Mitten in Frankreich, auf der Höhe von Troyes hat Gudrun das Wetter der kommenden Tage in der Bretagne/Normandie recherchiert – Wolken und Regen vorhergesagt. Kurzentschlossen Änderung der Reiseroute in Richtung Atlantikküste zwischen Bordeaux und Biarritz im äußersten Südwesten Frankreichs. Es ist ein Vorteil der „Freiheit auf Rädern“, die Sonne über die Fahrrichtung und das Fahrtziel bestimmen zu lassen. Man muss nur dazu bereit sein …

Das „Sonnenziel“ am Atlantik war „Saint-Girons-Plage“. Erste Übernachtung in Auxerre, am nächsten Tag durchfahren bis an den Atlantik südlich von Bordeaux. War eine lange Fahrt, den Atlantik aber haben wir erreicht. Südlich von Bordeaux schien ein Platz im Kiefernwald geeignet zum Übernachten. Fahrzeug abgestellt und eine hohe Düne bestiegen. War harte Arbeit. Auf dem „Gipfel“ erwartungsgemäß ein toller Rundblick über die Küsten und Strände des Atlantik bei untergehender Sonne. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass es sich um die höchste Düne Europas handelt. Leider war der Abstellplatz nächtlich gesperrt. Weiterfahrt in der Hoffnung, einen noch geöffneten Campingplatz zu finden. War aber nicht möglich; spätestens um 19 Uhr sind alle Plätze geschlossen. Wieder ein „erstes Mal“, nämlich „irgendwo wild campen“.

Schon vormittags Ankunft am Platz in Saint-Girons-Plage. Strahlend blauer Himmel, wenig besuchter Platz. Wir konnten uns den Stellplatz in Hörweite des Rauschens der Wellen aussuchen. Mit dem Mountainbike eine Erkundungstour zum Strand – keine besonders intelligente Idee, da das Radeln im feinen Sand des bei Ebbe gut 200 Meter breiten Strands ausgeschlossen ist. Wer sein Rad liebt, der schiebt eben. Gudruns nicht ganz falsche Ansage: „Den Unsinn mache ich nicht mit“. Ich war begeistert von dem so gut wie menschenleeren, kilometerlang sich nach beiden Richtungen erstreckenden Strand. Trotz Ebbe recht hohe Wellen zum Vergnügen einiger Surfer. Sonne, Sand, blauen Himmel, Wind, Wellen, leere Strände hatten wir uns gewünscht – und genauso war dies vor Ort. Positiv v.a. auch, dass die Natürlichkeit von Strand und Dünen erhalten geblieben war. Keine Surfschule, keine Segelschule, keine Tauchschule, keinerlei berufliche Aktivitäten weit und breit, keine Buden am Strand. Lediglich hinter den Dünen einige Ferienhäuser und eine Stichstraße bis an die Dünen mit rustikalen Lokalen. Gut gespeist, Fisch natürlich, dadurch am Abend leider den Sonnenuntergang versäumt.

Stahlblauer Himmel bei grellem Sonnenschein ist ein Anzeichen für schlechtes Wetter ein oder zwei Tage später. Der Umschwung kam früher. Bereits in der Nacht Sturm und prasselnde Regenschauer. Am folgenden Tag leichter Nieselregen. Dennoch Erkundungstour mit den Rädern hinter den Dünen, für Gudrun kein reines Vergnügen, da der Akku ihres E-Bikes – von mir nicht vernünftig gegen Regen geschützt – nicht funktionierte. Umkehr nach einigen Kilometern. Akku und Anschlussstelle am Fahrrad „geföhnt“ – Problem gelöst.

Über Tag Rückkehr der Sonne; langer Spaziergang am Strand, umrauscht von Wind und Wellen – Glücksgefühle.

Nachts erneut Regenschauer, am Morgen durchgehend grauer Himmel. Das Internet verkündete Sonne in der Bretagne und der Normandie. Fahrt nach Norden in die Gegend von Saint-Nazaire, La Baule, Übergang der Region Pays de la Loire zur Süd-Bretagne. Wir sind nicht in Eile, fahren da, wo es möglich ist, auf Nebenstraßen an der Atlantikküste entlang, benötigen für etwas mehr als 500 km allerdings auch gute 10 Stunden. Und dann war der Platz, den wir als besonders ausgedeutet hatten, leider voll belegt – Preis der Freiheit ohne Vorbestellung! Ersatzplatz gefunden in der Nähe

von Pénestin, nahe einer Steilküste, genannt Plage de la Mine d’Or – beeindruckend. Wo hier allerdings Goldminen gewesen sein sollen, bleibt uns verborgen.

Fahrradtour zum und am Strand. Angenehm: Keine Touristen am Strand, unterwegs Einheimische mit Muschelnetzen in der Art von Schmetterlingsnetzen, mit welchen sie durch das Wasser fahren (Muscheln oder Krabben fischen?). Strahlender Sonnenschein, keine Wolke am Himmel, alles wie gemalt. Schnelle Fahrradtour auf der Jagd nach dem besten Platz für einen grandiosen Sonnenuntergang (Video ansehen).

Der Campingplatz war kaum belegt, wir konnten uns den Platz wieder aussuchen. Alles gut, wäre da nicht die Belästigung durch eine gerichtliche Verfügung betreffend eine Klageerwiderung mit Frist innerhalb unserer Abwesenheitszeit gewesen. Das Internet aber macht`s möglich: Schriftsatz diktiert, per Mail nach Speyer übermittelt und fristgerecht dem Gericht vorgelegt.

Am folgenden Tag Fahrt zur „Küste der roten Granitfelsen“. Angesteuert hatten wir einen Campingplatz, der in den einschlägigen Foren hochgelobt wird. Zwar bekamen wir einen ca. 90 qm großen Platz mit allen Anschlüssen, fühlten uns aber durch die angrenzenden Büsche ohne Blick auf den Atlantik „eingekesselt“. Am Nachmittag eigentlich verbotenes Fahren mit den Bikes auf Wanderwegen zu und um die roten Granitfelsen. Die Felsformationen sind sehr beeindruckend, ein einmaliger Besuch aber reicht aus – nicht anders als bei Kirchen: Nach der fünften gotischen Kirche reicht`s uns meist, da sich die Architektur allgemein, die Formen der Türme, auch das Innere – von den Glasfenstern abgesehen – häufig ähneln. Aber: Jeder nach seinem Geschmack …

Den einengenden Luxuscampingplatz haben wir nach einer Übernachtung in Richtung St. Malo verlassen .

Wir landen auf einem Campingplatz bei Erquy, wenig belegt, Stellplatz in vorderster Reihe mit freiem Blick auf den Atlantik und die vorgelagerte Felseninsel „Petit-Mont-Saint-Michel“. Der Platz hat lediglich zwei Sterne (der Luxuscampingplatz war fünfsternig.), war aus unserer Sicht aber neben dem Campingplatz bei Saint-Girons-Plage von der Lage und Umgebung her der Spitzenplatz. Erquy liegt in der nördlichen Bretagne; wie prognostiziert und gehofft, war das Wetter bei Ankunft sonnig, kilometerweiter breiter Sandstrand, unterbrochen teilweise durch große Felsen. Spaziergang zu einem bei Ebbe erreichbaren Felsen. Entspannter Abend im Freien mit Blick auf das Meer und die untergehende Sonne.

Temperaturen: Im Südwesten nahe der spanischen Grenze tagsüber angenehm warm, abends kühler, Pullover oder Anorak erlaubten jedoch das Sitzen im Freien. Im Norden abends kühl, bei stärkerem Wind kalt, im Wohnmobil angenehm warm, da wir ein elektrisches Heizöfchen als Zusatzheizung erworben hatten.

Preise (für diejenigen, welche eine ähnliche Reise machen wollen): Die Campingplätze sind in der Neben-/Nachsaison ab Mitte September preiswert, durchschnittlich 20 bis 25 Euro pro Übernachtung, eingeschlossen Elektroanschlüsse, Wasserversorgung, Chemietoilettenentsorgung usw. Die Mautgebühren für die Autobahn sind nicht gering, aber auch nicht sonderlich hoch – wir haben ca. 150 Euro an Maut bezahlt bei einer Fahrtstrecke in Frankreich von ca. 3.500 km. Erstaunlich viele Autobahnen sind mautfrei, Nationalstrassen, häufig vierspurig, sowieso.

Am nächsten Tag mit den Fahrrädern in die kleine Stadt Erquy gefahren. Am Hafen in Restaurant mit gehobener Küche gespeist. Wer nun denkt, die Tour sei völlig problemlos für Radler, irrt. Von der Stadt zum Campingplatz (zuvor vom Campingplatz zur Stadt), jeweils ca. fünf Kilometer, muss ein langgezogener Aufstieg bewältigt werden. Wir haben nicht die Straße, sondern Waldwege gewählt; sie waren nur über steile innerstädtische Straßen zu erreichen. Obgleich nicht völlig untrainiert, war ich nicht unglücklich, von Gudrun mit E-Bike einige hundert Meter am Rucksack hängend gezogen zu werden. Man wird, nein, man ist eben doch alt…

Gemütlicher Ausklang am Meer. Wetter strahlend, Wetterprognose gut. Wir beschließen, zu bleiben. Am nächsten Tag Strandwanderung in Richtung Cap d’Erquy. Vorgesehen war, auf direktem Weg bei Ebbe die weite Bucht über den Strand zu queren. War aber nicht möglich. Das Wasser war noch am

Ablaufen, die Bucht hätte am Rand in einem großen Bogen umrundet werden müssen. Irgendwann haben wir uns genervt der Schuhe und Strümpfe entledigt, die Hosen hochgekrempelt und „Wasser getreten“.

Zu unserer Überraschung steht direkt am Strand ohne Anbindung an eine grössere Ortschaft ein „Casino“. Eintritt in Strand-Kleidung unproblematisch. Obgleich im Freien kaum Menschen unterwegs waren – das Casino ist voll. An den früher „einarmige Banditen“ genannten, inzwischen elektronisch bedienbaren Spielautomaten einige Euro gelassen, auch beim von uns beiden gerne gespielten Black-Jack. Zwar zwischendurch Beträge gewonnen, im Ergebnis aber alles einschließlich der Ersteinsätze verspielt. War uns der Spaß wert …

Rückweg über den nun wasserfreien Strand bei weiterhin strahlender Sonne. Nach gut vier Stunden Ausgang ist es sehr angenehm, entspannt die Abendsonne am Platz zu genießen.

Nach Sonnenuntergang annähernd täglich ferngesehen. Sehr gutes Bild über Astra; alle deutschen Sender von ARD bis Eurosport waren bestens zu empfangen. Spätestens um 22 Uhr aber war „Gute Nacht“ von uns beiden gewünscht. In der Regel durchgeschlafen bis 7 Uhr oder später am Morgen. Erstaunlich, aber erfreulich, da wir in Speyer regelmäßig zwischen halb sechs und spätestens sieben aufstehen – ohne Zwang, ganz einfach ausgeschlafen. Wie in Speyer an Sonntagen morgens regelmäßig einen Sudoku-Wettbewerb ausgetragen (jeder hat die gleiche Aufgabe), ebenso, aus einem Wort andere Wörter durch Buchstabenumstellung zu machen. Beides soll angeblich das Hirn trainieren, ist v.a. aber ein Spaß. Meine Depression, regelmäßig gegen Gudrun beim Sudoku zu verlieren, hält sich in Grenzen, die ihre auch als ebenso regelmäßige Verliererin beim Wortsalat.

Nächster Tag Fahrt zum Mont St. Michel. Des besseren Blicks wegen Annäherung unter Protest von Gudrun auf Feldwegen. Schon von Weitem ein beeindruckender Anblick. Wir hatten dazu das Glück, den Mont und das Kloster bei ringsum wolkenverhangenem, schwarzen Himmel minutenlang durch eine Wolkenlücke von der bereits tiefstehenden Sonne angestrahlt zu sehen – ein tolles Bild!

Das Foto spricht für sich; keine weiteren Ausführungen zu diesem beeindruckenden Kleinod nötig.

Am Morgen mit den Fahrrädern vom Campingplatz zum Mont-Saint-Michel; er ist zur Zeit (soll in Zukunft angeblich wieder geändert werden) über eine fest installierte Brücke dauerhaft zugänglich. Besichtigungstour zu Fuß durch die Klosterburg, dann mit den Fahrrädern am Strand um den Felsen herum. Gudrun gelingt es, schon vor Ort die Videos mit Musik zu unterlegen. Das Video mit dem Mont St. Michel und Ozzy Osbourn’s „Dreamer“ sieht und hört sich gut an. (Video ansehen)

Zwischenzeitlich hatten sich tiefschwarze Wolken über dem Felskloster zusammengezogen. Es folgte ein sehr starker Schauer mit Sturmböen. Richtige Kleidung und die Brücke helfen, etwas zerzaust die Wetterkapriole „abzureiten“. (Video ansehen.)

Nächster Tag Weiterfahrt nach Bayeux. Die Stadt ist berühmt durch den „Teppich von Bayeux“, ein ca. 70 m langer, 52 cm hoher gestickter Tuchstreifen aus dem 11. Jahrhundert. Der „Teppich“ erzählt die Geschichte des Konflikts zwischen dem Herzog der Bretagne, Wilhelm dem Eroberer, und dem englischen Königshaus bis zu der entscheidenden Schlacht für die Eroberung Englands durch die Normannen bei Hastings 1066 n.Chr.. Der „Teppich“ ist eines der oder das berühmteste gestickte Bilddenkmal des Hochmittelalters. (Einzelheiten im Internet nachlesbar)

Sehenswert auch die Kathedrale von Bayeux, nach verschiedenen Zerstörungen jetzt im gotischen Stil, Grundsteinlegung bereits im 13. Jahrhundert.

Nach Bayeux per Zufall an die Küsten der Invasion von 1944 gekommen (Omaha Beach, Juno Beach, Utah Beach u.a.). An einem breiten Strand und einer dahinterliegenden Steilküste auf den Klippen einen schönen Campingplatz gefunden. Unserer Stimmung war aber gedrückt im Gedenken daran, dass Tausende junge und ältere Soldaten aus USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Polen, Frankreich in furchtbaren Kämpfen bei der Erstürmung des Ufers und der dahinterliegenden Klippen für die Befreiung Europas von dem Terror der Nazideutschen ihr Leben gelassen hatten.

Langsam war es Zeit, nach ca. 3 Wochen die Route nach Hause festzulegen. Deauville, das „Cannes des Nordens“, eine glamouröse Stadt mit Prachtbauten Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts, gleich drei Casinos und einer wirklich sehenswerten Promenade direkt am Wasser, war erstes Ziel. Wir haben’s bei einer Durchfahrt belassen, auch, da wir zuvor am Meer gebummelt hatten und ich unbedingt noch irgendwo Austern essen wollte. Gudrun hat dankend verzichtet. Zugegeben: Austern sind nicht mein Fall. Die glitschige Masse schmeckt im Wesentlichen salzig. Das wusste ich schon von einem Verzehr vor ca. 40 bis 50 Jahren, gleichfalls in der Bretagne oder Normandie. Austern sind jetzt für den Rest meines Daseins erledigt.

Ursprünglich war geplant gewesen, in der Gegend um Reims nochmals Station zu machen. Haben wir nach dem unten geschilderten Schock fallengelassen, sind durchgefahren, Rückkunft nach Speyer am Samstag, den 3. Oktober 2021.

In der Rückschau waren die positiven Höhepunkte der so nicht geplanten, vom Wetter bestimmten Rundreise (siehe Karte ) durch Frankreich über ca.3.500 km im Südwesten am Gold von Biskaya die kilometerlangen, feinsandigen, menschenleeren Strände und Dünen, der strahlende Sonnenschein, Wind, hohe Wellen, in der südlichen Bretagne die Côte de la Mine d’Or (Goldminenküsten) mit ihren Stränden und Klippen nahe Penestin, in der nördlichen Bretagne die Küste der roten Granitfelsen, auch die Fahrrad- und Wandertouren rund um das Cap Erquy, und vor allem der Mont St. Michel. Den hatte ich mein ganzes Leben lang schon sehen wollen.

Negativer Höhepunkt mit echtem Schockmoment war der vorletzte Tag. Wir hatten einen städtischen Campingplatz bei Fécamp angesteuert, waren wieder mal zu spät angekommen, der Platz war geschlossen. Ein Anruf beim Platzwart hatte die Schranke geöffnet. Am nächsten Morgen war meine Gürteltasche nicht auffindbar. Hektisches Durchwühlen des gesamten Fahrzeugs war ergebnislos geblieben. Problem war: In der Gürteltasche hatten sich meine sämtlichen Papiere befunden (Personalausweis, Führerschein, Anwaltsausweis, zwei Kreditkarten, eine Bankkarte, dazu ca. 1.000 Euro in bar). Alles in einer am Mann befindlichen Gürteltasche zu tragen, schien mir der sicherste Weg vor Entwendung. Leider war dem nicht so, die Gürteltasche hatte ich offensichtlich irgendwo liegengelassen. Fieberhaft versuchten wir zu rekapitulieren, wo die Tasche verschütt gegangen sein könnte. In Betracht war schließlich nur das viele Kilometer entfernte „Austernrestaurant“ gekommen. Entschlossen, diese letzte Chance zu nutzen, bereiteten wir die Abfahrt vor, als mein Handy plötzlich klingelte. (Der Anrufer hatte meine Nummer in Speyer angerufen, welche auf einer in der Tasche befindlichen Visitenkarte zu sehen war und konnte mich aufgrund der automatischen Umleitung des Festnetztelefons auf das Handy erreichen.) Seine Mitteilung war: Er habe am Morgen am Campingplatz eine Tasche mit sämtlichen Papieren vor der Tür seines Büros liegend gefunden. Riesengroße Erleichterung, auch darüber, dass der Anruf vom Campingplatzverwalter des Platzes gekommen war, auf dem wir uns gerade befunden hatten. Alle Papiere waren vorhanden, das Geld war weg. War uns zugegebenermaßen relativ egal, da ich dem Täter oder der Täterin innerlich dankbar gewesen war, die Tasche mit Unterlagen nicht einfach weggeworfen zu haben.

Trotz riesengroßer Erleichterung – wir wollten jetzt nur noch nach Hause..

Zusammenfassende Bewertung der Ersterfahrung mit dem Wohnmobil: Die Ortsungebundenheit, die Freiheit, unterwegs nach Wetter oder sonstigen neuen Ideen die Route zu wählen, ist angenehm. Zeitdruck hatten wir allenfalls, wenn ein bestimmter Campingplatz in besonders schöner Umgebung erreicht werden sollte. Wir haben uns grundsätzlich nicht unter Druck gesetzt, sind relativ gemütlich auf Autobahnen, Nationalstraßen und in vielen Fällen auf teilweise sehr kurvenreichen und engen Nebenstraßen gefahren. Das Wohnmobil, ausgestattet mit einem ausreichend großen Schlafraum, Dusche und Toilette getrennt, kleiner Küche, Kühlschrank, ausreichend sonstige Schränke, drehbarer Sitze für eine Sitzgruppe im vorderen Bereich, großer „Garage“ hinten mit viel Stauraum, Fernseher, Klimaanlage vorne und hinten, Heizung, Solarpanels, großer Außenjalousie, ist zwar kleiner als ein Tiny House (welches wir bei zwei Aufenthalten in den Niederlanden 2020 im Grevelinger Meer gemietet hatten), hat gegenüber den stationären Wohnungen den unschätzbaren Vorteil von Mobilität und Flexibilität bei Gestaltung der Reise. Man „erfährt“ im doppelten Sinne Landschaften, kann sich an Orten, welche gefallen, kurz oder länger aufhalten, spontane Besichtigungen vornehmen u.ä. Allerdings – ich wiederhole dies – muss man Spaß am Fahren mit einem in unserem Fall ca. acht

Meter langen Gefährt haben, sollte sich nicht zu sehr aufregen, wenn an den Mautstellen sich die Schranke nicht öffnet, Lkw`s sich hinter dem eigenen Fahrzeug stauen. War zweimal der Fall, obgleich wir über ein Mautgerät von Toll Collect verfügen, welches normalerweise problemlos die Durchfahrt an Mautstellen ohne lästigen Geldeinwurf o.ä. ermöglicht. Das Phänomen der geschlossenen Schranke scheint allerdings vor Ort nicht ganz unbekannt zu sein, da die eigentlich regelmäßig unter Druck stehenden Lkw-Fahrer uns als Hindernis gelassen hingenommen hatten, kein Hupen o.ä.. „Irgendwann“ hat es immer mit dem Öffnen der Schranke geklappt, auch weil ich mir zwischenzeitlich in französischer Sprache einen Satz zurechtgelegt hatte, der über einen Notruf an der Mautstelle der sich meldenden Person genügt hatte, die Schranke zu öffnen.

Um an besondere Orte zu gelangen, bedarf es auch einer gewissen Nonchalance bzgl. Einhaltung der Verkehrsregeln. Nicht selten waren in interessanten Orten/Städten die Straßen für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gesperrt. Das haben wir „übersehen“, konnten so Rundfahrten in schöne Altstadtteile machen (haben dabei andere Verkehrsteilnehmer weder gefährdet, noch den Verkehr blockiert). War zwar manchmal recht knifflig, aber schadlos. Ein einziges Mal war auf einem innerstädtischen Parkplatz hoch über einer Bucht ein Polizeifahrzeug aufgetaucht, da wir auf dem nur für Pkws zugelassenen Platz mehrere Parkbuchten in Anspruch genommen hatten (problemlos, da der Platz ansonsten leer war.) Die Beamten waren aber wohl nur erschienen, um ein Dauerparken an Ort und Stelle zu unterbinden. Nach Feststellung, den schönen Platz lediglich kurzfristig zum Frühstück „mißbraucht“ zu haben, haben sie sich kommentarlos entfernt – fanden wir richtig gut …

Speyer, 20.10.2021

Helmut Grenz

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Helmut Grenz